Erben und Vererben


Gesetzliche Erbfolge, Privatautonomie und Testierfreiheit

Die Erbfolge ist „standardmäßig“ durch die sogenannte gesetzliche Erbfolge geregelt. Neben dem gesetzlichen Erbrecht der Verwandten ist das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten gesondert geregelt. Daneben sind die güterrechtlichen Auswirkungen auf das Erbrecht des Ehegatten zu berücksichtigen.

Die „Standardlösung“ entspricht oftmals nicht den Vorstellungen des Erblassers, weil sie im Einzelfall nicht einer sachgerechten Regelung entspricht. Daher kann die gesetzliche Erbfolge durch „letztwilli-ge Verfügung“ (Testament, Erbvertrag) ersetzt und den Bedürfnissen des Einzelfalles entsprechend geändert werden.

Von besonderer Bedeutung ist die Regelung der Erbfolge in sogenannten Patchwork-Familien. Hier führt die gesetzliche Erbfolge, abhängig von der Reihenfolge des Versterbens zu zufälligen und oft-mals von den Erblassern keinesfalls gewünschten Ergebnissen. Hinzu kommt die Schwierigkeit, die erwünschte Vermögensnachfolge so zu regeln, dass diese auch eintritt.

Die Freiheit jedes Menschen, durch eine letztwillige Verfügung über sein Vermögen abweichend von der gesetzlichen Erbfolge von Todes wegen zu bestimmen, genießt in Deutschland Verfassungsrang. Dennoch sind einige Voraussetzungen zu beachten.
Ganz wesentlich ist die Form, in der ein Testament zu errichten ist. Wird die Form nicht beachtet, ist das Testament unwirksam und damit völlig wertlos. Auch das Pflichtteilrecht, welches bestimmten nahen Angehörigen zusteht und nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen entzogen werden kann, ist zwingend zu beachten.

Wer bei der Regelung seines Nachlasses von der gesetzlichen Erbfolge abweichen will, kann dies durch letztwillige Verfügung tun. Als letztwillige Verfügungen sieht das Gesetz vor:

  • das einseitige Testament
  • das gemeinschaftliche Testament
  • den Erbvertrag

Im Einzelnen ordnet der Gesetzgeber hierfür nicht nur unterschiedliche Formerfordernisse an son-dern auch sehr unterschiedliche Wirkungen. Welche Verfügungen Inhalt eines Testamentes sein kön-nen, hat der Gesetzgeber im Übrigen abschließend geregelt.

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Testament

Testamente und insbesondere Laientestamente sind leider oft nicht eindeutig.

Für jedes gültige Testament gilt, dass dieses so auszulegen ist, dass der wahre Wille des Erblassers zur Ausführung gelangt. Die Erforschung dieses wahren Willens ist oftmals sehr schwierig und streit-behaftet. Mancher Erblasser würde sich erstaunt die Augen reiben, wenn er sähe, was ihm im Nach-hinein von Erben und Gerichten unterstellt wird.

Unsere Aufgabe als Anwälte ist es, Sie bei der Willensfindung zu unterstützen, Ihnen bei der Errich-tung einer sinnvollen letztwilligen Verfügung zu helfen und Ihren Willen eindeutig zu formulieren.
 

Erbvertrag und Gemeinschaftliches Testament

Ihr „letzter Wille“ kann nicht nur als einseitiges Testament verfasst werden.

Daneben besteht auch die Möglichkeit, einen Erbvertrag mit weiteren Beteiligten abzuschließen oder die auf Ehepartner und eingetragene Lebenspartner beschränkte Möglichkeit, ein Gemeinschaftli-ches Testament zu errichten.

Das sogenannte „Berliner Testament“, welches im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat, ist als Begriff vielen Menschen bekannt. Aber kaum einer weiß, welche Folgen damit verbunden sind und wie ein solches gemeinschaftliches Testament auszugestalten ist.

Anders als beim einseitigen Testament kann durch Erbverträge und gegenseitige Testamente eine Bindungswirkung ausgelöst werden, welche die Beteiligten für die Zukunft in ihrer Testierfreiheit ein-schränkt. Diese Bindungswirkung und die Möglichkeiten, sich hiervon zu lösen, sind so komplex, dass fachkundiger Rat dringend erforderlich ist.

Gemeinschaftlichen Testamente und Erbverträge sind übrigens in den meisten Rechtsordnungen (insbesondere unserer europäischen Nachbarländer) aufgrund der erzeugten Bindungswirkung – die Einschränkung der Testierfreiheit – unwirksam.

Behindertentestament, Bedürftigentestament

Von ganz besonderer Bedeutung ist die fachkundige Beratung, wenn es darum geht, ein behindertes Kind dauerhaft zu versorgen und zu verhindern, dass der Staat auf geerbtes Vermögen zugreift.

Das gilt auch, wenn der künftige Erbe verschuldet ist oder von staatlichen Transferleistungen (Hartz IV) abhängig ist. Ggf. ist zu verhindern, dass die Gläubiger des Erben Zugriff auf das Vermögen des Erblassers erhalten.

Hierzu sind besondere testamentarische Gestaltungen erforderlich. Das sog. Behindertentestament und das Bedürftigentestament sind letztwillige Verfügungen, welche durch die erbrechtliche Praxis für besondere Bedürfnisse entwickelt wurden. Durch eine zustimmende höchstrichterliche Rechtsprechung sind diese Testamente weitgehend abgesichert. Dennoch gilt es den Einzelfall zu betrachten und die Entwicklung der Gesetzgebung und der Rechtsprechung zu beobachten.
 

Das Behindertentestament

Behinderte Menschen sind im Besonderen auf den Schutz durch Staat und Gesellschaft angewiesen. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe kommt auch in den Sozialgesetzen unseres Staates zum Ausdruck.

Aber die Hilfe des Staates ist oft nachrangig. Zunächst muss eigenes Vermögen eingesetzt werden.

Der Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch muss also zunächst sein eigenes Vermögen einsetzen, wozu auch ererbtes Vermögen gehört. Vererben Sie also z.B. Ihr Vermögen an Ihr behindertes Kind, so wird der Staat darauf zugreifen
Eine schlichte Enterbung Ihres Kindes führt zu Pflichtteilansprüchen, die der Staat auf sich überleitet und geltend macht. Zudem entspricht dies in vielen Fällen nicht dem Verantwortungsgefühl, welches die Familie für den behinderten Angehörigen hegt. Es geht vielmehr darum, die Versorgung des behinderten Menschen durch Erhaltung des Vermögens sicherzustellen.

Zur Lösung dieser Probleme hat die Praxis das sogenannte Behindertentestament entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstößt das Behindertentestament grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten, auch wenn dadurch die Gemeinschaft zugunsten Einzelner belastet wird.

Das rechtliche Konstrukt des Behindertentestaments im Detail zu verstehen und im Rahmen einer letztwilligen Verfügung gerichtsfest umzusetzen, ist von grundlegender Bedeutung. Wir beraten Sie umfassend und entwickeln gemeinsam mit Ihnen Lösungsmöglichkeiten, die auf die besonderen Gegebenheiten Ihres Falles und die Bedürfnisse Ihres Kindes zugeschnitten sind. Um auch Änderungen durch den Gesetzgeber und in der Rechtsprechung Rechnung zu tragen, bieten wir Ihnen eine regelmäßige Überprüfung Ihrer Verfügung an.

An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Viele Juristen, Notare wie Anwälte, werden Ihnen empfehlen, den behinderten Menschen als sog. „nicht befreiten Vorerben“ zu berufen. Damit tun Sie der Person, welche Sie schützen wollen im Zweifel keinen Gefallen. Wir erläutern Ihnen gerne, warum wir dies für falsch halten und Ihnen davon abraten. Sprechen Sie uns an.
 

Bedürftigentestament

Auch bei sonstigen Empfängern öffentlicher Leistungen, z. B. „Hartz IV“ oder bei überschuldeten Erben ist eine vergleichbare Situation gegeben: Dritte versuchen, auf das Erbe als Haftungsmasse zuzugreifen.

In solchen Fällen, aber auch schon bei drohender Überschuldung kann nur ein rechtzeitig errichtetes und wohl durchdachtes Testament den Zugriff kontrolliert verhindern, ohne den Erben durch die entstehenden Beschränkungen übermäßig zu belasten.

Bei einem solchen Bedürftigentestament sind die Gerichte indes wesentlich kritischer als bei dem Behindertentestament, auch wenn es durchaus ein berechtigtes Anliegen sein kann, den Nachlass vor dem Zugriff der Gläubiger des potentiellen Erben oder eines Insolvenzverwalters zu schützen.

Auch hier helfen wir Ihnen, eine möglichst zielführende Gestaltung zu wählen. Sprechen Sie uns an.

Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

Erbe kann eine einzelne Person sein oder eine Gemeinschaft mehrerer Erben, die Erbengemeinschaft.

Der Gesetzgeber hat diese "Zwangsgemeinschaft" als eine vorübergehende Gemeinschaft gestaltet, welche – anders als eine Gesellschaft – auf Auflösung gerichtet ist. Diese Auflösung erfolgt durch Verteilung des Nachlasses. Der juristische Begriff für die Verteilung ist die „Auseinandersetzung“ des Nachlasses.

wird durch die Verteilung des Erbes wieder aufgelöst, was jedoch in der Praxis oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann und bisweilen Jahre und in manchen Fällen auch Jahrzehnte dauern kann.
 

Die Verwaltung des Nachlasses

Bis zur Auseinandersetzung durch Aufteilung des Nachlasses darf zunächst keiner der Miterben alleine über das ererbte Vermögen oder einzelne Nachlassgegenstände verfügen. (Eine Ausnahme besteht für Anteile an Personengesellschaften.) Der Nachlass muss also gemeinsam verwaltet werden.

In dieser Zeit der Verwaltung des Nachlasses kommt es sehr häufig zu Streit. Die Erben sitzen gleichsam „in einem Boot“. Wenn nicht alle gemeinsam „rudern“, kann eine Auseinandersetzung lange dauern und teuer und schmerzlich sein. Dabei ist es wichtig, als Miterbe die Kontrolle nicht aus der Hand zu geben oder zu verlieren.

Selbst wenn ein Miterbe (oder der Erbe) beabsichtigt, das Erbe auszuschlagen, ist er bis zum Zeitpunkt der Ausschlagung berechtigt und unter Umständen verpflichtet, den Nachlass zu verwalten. In dieser Zeit ist es aber wichtig nichts zu tun, was als konkludente Annahme des Erbes gedeutet werden könnte, weil dies dazu führen kann, dass der Erbe sich den Weg zur Ausschlagung verstellt.

Schon um künftigen Streit zu vermeiden, sollte jeder Erbe sich schnell über seine Ansprüche und die Rechte und Pflichten in der Erbengemeinschaft beraten lassen.
Unsere Aufgabe ist es nicht nur, Sie über die Rechtslage umfassend zu beraten, sondern Ihnen auch Wege, Strategien und Möglichkeiten der Streitvermeidung und Streitlösung aufzuzeigen.
So hilft rechtzeitiger Rat, spätere hohe Kosten für Gerichte und Anwälte zu vermeiden. Sprechen Sie uns an.
 

Haftung der Erben

Grundsätzlich haften die Erben gesamtschuldnerisch für Nachlassverbindlichkeiten, d.h. jeder Erbe haftet für die gesamten Verbindlichkeiten des Erblassers, und zwar auch mit seinem Privatvermögen, sofern nicht rechtzeitig die zur Haftungsbeschränkung notwendigen Schritte unternommen werden.

Eine übereilte Erbannahme oder Auseinandersetzung (Verteilung, Entnahme) – auch eine Teilauseinandersetzung – kann eine eventuell notwendige und grundsätzlich mögliche Haftungsbeschränkung erheblich erschweren und in vielen Fällen sogar ausschließen.

Eine nicht zu unterschätzende Gefahr, denn im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass ein Erbe infolge der Annahme einer Erbschaft Privatinsolvenz beantragen muss.

Dennoch sollte eine Ausschlagung nicht vorschnell erfolgen, da es Möglichkeiten gibt, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Eine Entscheidung, welche Sie nicht ohne eine entsprechende Beratung treffen sollten. Sprechen Sie uns an.

Internationales Erbrecht

Immer häufiger treffen wir heute Konstellationen an, in denen Erblasser oder Erben nicht in Deutschland leben oder Teile des Nachlasses im Ausland belegen sind. Weiter denkbare Fälle sind:

 

  • Der Erblasser oder Testierende lebt in Deutschland, hat aber nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.
  • Eine wachsende Zahl von Ehen wird zwischen Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten geschlossen.
  • Kinder haben eine doppelte Staatsangehörigkeit.
  • Die Ehe des/der Verstorbenen unterliegt dem Güterrecht eines anderen Staates.
  • Wohnsitze werden ins Ausland verlegt.
  • Vermögen, insbesondere Grundbesitz, befindet sich in unterschiedlichen Staaten.

All dies sind Fälle, in denen das deutsche Erbrecht möglicherweise nicht (alleine) weiterhilft.

Auch die am 17.08.2015 in Kraft getretene EU-Erbrechts-Verordnung kann im Einzelfall nur über Rechtsanwendungs- und Verfahrensfragen hinweghelfen; materielles Erbrecht regelt sie nicht. (Das Abkommen wurde von UK, Irland und Dänemark nicht ratifiziert.)

Besondere, bilaterale Vereinbarungen gibt es mit den GUS-Staaten in der Nachfolge der ehemaligen Sowjetunion, mit der Türkei und mit dem Iran.

Von praktischer Bedeutung ist weiter das Haager Übereinkommen von 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht.
 

Kollisionsrecht, Internationales Privatrecht

Eine Rechtsordnung kann ihren eigenen Geltungsbereich regeln. Das ist unproblematisch, solange dies nur Auswirkungen auf den Hoheitsbereich hat, für welchen der regelnde Gesetzgeber zuständig ist.

Aber was gilt, wenn im Falle internationaler Bezüge eine andere Rechtsordnung ihren Geltungsbereich so regelt, dass die Vorschriften sich widersprechen?

Gerade das deutsche Erbrecht sorgt wegen der güterrechtlichen Verknüpfungen an dieser Stelle für besondere Komplexität.

Mit der Lösung solcher Probleme beschäftigt sich das Internationale Privatrecht. Ein Randgebiet des Rechts, welches zunehmend an Bedeutung gewinnt, aber auch für die Gerichte oft ein "Buch mit sieben Siegeln" ist. Da kann es hilfreich sein, wenn wenigstens der Anwalt sich auskennt.

Wir helfen Ihnen auch in diesem Fall mit unserer langjährigen Erfahrung!
Sprechen Sie uns an.
 

Ausländische Erbrechtsordnungen

Wenn ausländisches Recht zur Anwendung kommt, oder die Frage im Raum steht, ob im Rahmen eines Testaments möglicherweise eine Rechtswahl getroffen werden soll, die deutsches Recht ausklammert, werden wir mit Ihnen gemeinsam überlegen, was zu tun ist.

Im Einzelfall kann dies auch bedeuten, dass wir einen Spezialisten aus dem ausländischen Recht hinzuziehen.